Über manche Bücher scheint schon alles gesagt und geschrieben, nur eben nicht von jedem. So empfinde ich es auch bei diesem Buch, das man getrost zu den modernen Klassikern der Managementliteratur zählen darf.
Bereits 2009 in der ersten Ausgabe erschienen, hat Simon Sinek unzählige von Leser:innen mit seinem Buch begeistert und beeinflusst. Bisher hatte ich mich erfolgreich an dem Buch vorbeigemogelt. Ich bin nun aber doch dazu gekommen, es endlich mal zu lesen.
Auch, wenn wie bereits eingangs erwähnt, vermutlich alles zu diesem Buch gesagt und geschrieben worden ist, möchte ich dennoch den Inhalt aus meiner Sicht zusammenfassen. Und sei es nur, um für mich selbst die Erkenntnisse zu verschriftlichen. Vielleicht ergibt sich aber auch für die Leser:innen meines Textes eine neue Perspektive.
Eine der Kernthesen aus diesem Buch ist der Golden Circle, bestehend aus dem im Kern liegenden „Why“, darüber liegt das „How“ und es folgt anschließend das „What“. Sinek schreibt, dass eigentlich jedes Unternehmen weiß, was es tut („What“). Dies ist in der Regel ein Produkt oder eine Dienstleistung. Schon nicht mehr ganz so viele Unternehmen können benennen, wie sie diese Dienstleistung erbringen („How“). Hier werden bereits Alleinstellungsmerkmale, z.B. die USP (unique selling proposition) benannt. Richtig kompliziert wird es dann mit dem „Why“, also warum eigentlich ein Unternehmen existiert. Formulierte Ziele in Unternehmen beinhalten meist quantitative Werte, z.B. den Umsatz. Wegen dieser Ziele sind aber in der Regel keine Unternehmen gegründet worden. Sinek bezieht sich häufig auf Beispiele aus Tech-Branche, namentlich Apple und Microsoft. Bill Gates‘ Ziel war ein Computer in jedem Haushalt. In Zeiten, in den Computer noch ganze Hallen gefüllt haben, ein sehr ambitioniertes Ziel. Auch wenn Gates sehr viel Geld mit diesem Projekt verdient hat, war dieser Reichtum nie das erklärte Ziel von Microsoft, sondern immer die Verbreitung des PCs. Um es auf die Gesundheitsbranche zu beziehen: Krankenhäuser wurden gegründet, um schwerkranken Menschen, die auf Grund einer Erkrankung nicht zu Hause versorgt werden konnten (weil dort z.B. das benötigte Material und/ oder Fachwissen fehlte), die benötigte medizinische und pflegerische Hilfe zukommen zu lassen. Dies sollten wir bei Entscheidungen im Gesundheitswesen vielleicht wieder etwas mehr in den Fokus rücken.
Erst dieses „Warum“ verschafft Klarheit über das „Wie“. Wenn ich weiß, warum ich etwas erreichen möchte, kann ich daraus auch meine Handlungen ableiten und bleibe meinen Zielen treu. Diese Klarheit des „Warum“ schafft es dann auch, andere Menschen zu inspirieren. Seien es nun Mitarbeitende oder auch Kund:innen. Ich finde, ein gutes Beispiel aus der Gesundheitsbranche ist David-Ruben Thies und die Waldkliniken Eisenberg. Wenn man auf die Internetseite der Klinik geht, springt einem schnell der Slogan „Der Patient als Gast“ an. Wenn man sich die Beschreibungen der Klinik durchliest, oder das Buch „New Work in der Medizin“, an dem er mitgeschrieben hat, kommt einem schnell der Gedanke: „Und was ist daran jetzt so besonders?“ Alle Maßnahmen, die sowohl bei der Konzeption des Neubaus der Klinik beschrieben werden als auch der Inhalt des Buches, sind den Lesenden, die sich mit dem Thema „New Work im Gesundheitswesen“ befassen, irgendwo schonmal untergekommen.
Was sicherlich zum Erfolg der Klinik beigetragen hat, ist die konsequente Umsetzung aller Bausteine. Auch die Person „Thies“, als charismatischer Leader werden das Konzept unterstützt haben. Aber ich bin mir sicher, dass der herausragende Erfolg auch damit verknüpft ist, dass das „Warum“ klar und deutlich über allem prangt. Patient:innen und Mitarbeitende wissen, wofür diese Klinik (außer ihrem rein medizinischen Auftrag) noch steht. Und dies entfaltet eine Sogkraft, die eben diesen Erfolg erst möglich macht.
Aus diesem „Warum“ ergeben sich Prinzipien, die im Einklang mit dem „Wie“ und dem „Was“ stehen. „Der Patient als Gast“ bestimmt also, wie ich einen Neubau erstelle, wie ich Teams organisiere und jede:r Mitarbeitende weiß, dass Patient:innen eben Gäste sind und behandelt diese entsprechend. Wenn ich diesen Leitprinzipien folge, und diese natürlich nicht komplett am Bedarf des Marktes, in diesem Fall also Patient:innen, vorbeigehen, stellt sich daraus auch wirtschaftlicher Erfolg ein. Auch wenn dieser wirtschaftliche Erfolg nicht über allem als Ziel ausgeschrieben steht. Denn Kund:innen, oder eben Patient:innen, nehmen Waren oder Dienstleistungen dann in Anspruch, wenn sie sich mit dem „Why“ des Unternehmens identifizieren können. Auch wenn die angebotenen Waren oder Dienstleistungen teurer sind. Bestes Beispiel dafür ist Apple.
Menschen, die einen Beruf im Gesundheitswesen ausüben, haben ein großes Bedürfnis danach, ihrer Intention, mit dem sie ursprünglich in den Beruf gegangen sind, zu folgen. Gerade in einem Berufsfeld, in dem ein hohes Ethos an die Beschäftigten gestellt wird, diese aber auch diese Anforderungen an sich selbst stellen, ist die Frustrationsrate immens hoch, wenn eben jener Anspruch nicht erfüllt werden kann. Burn-Out und Berufsausstieg sind die Folgen.
Stellen wir wieder das „Warum“ in den Fokus. Wenn wir im Gesundheitswesen unseren Zweck wieder in der Heilung von Erkrankungen, Linderung von deren Auswirkungen sowie Begleitung in das Leben aber auch am Lebensende begreifen, werden die Menschen auch wieder in die Berufe zurückkommen und junge Menschen gerne Medizin oder Pflege studieren.
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