Sprachgewalt ist im besten Sinne ein „Wörterbuch“.
In der Einleitung schreibt der Herausgeber David Ranan, dass es in diesem Buch „um Begriffe [geht], die nur vermeintlich klar sind, die oft gebraucht, aber schwer oder selten verstanden werden. Es geht um Begriffe, die im politischen Diskurs zur Beurteilung und Kategorisierung dienen, zur Einteilung in Gut und Böse, die beschönigen oder stigmatisieren, ein- oder ausschließen, fördern oder vernichten.“ Zu diesem Zweck hat Ranan unterschiedliche Autor:innen versammelt, die sich mit ganz verschiedenen Begriffen auseinandersetzen, die im politischen Diskurs wichtig sind. „All diese Wörter besitzen eine Eigenschaft, die sich am besten mit Charisma beschreiben lässt: Sie ziehen sofort die Aufmerksamkeit auf sich und wirken unmittelbar und machtvoll auf die, die sie hören.“ Diese Wörter beinhalten ganze Konzepte (z.B. Freiheit), die wir in einen Deutungsrahmen setzen (Framing). „Diese Frames leiten unser Denken und Handeln, ohne dass wir es merken und darin liegt eine Gefahr, vor der wir uns schützen müssen.“
Die Autor:innen befassen sich daher mit den einzelnen Begriffen in Aufsätzen. Meistens werden die Begriffe zunächst historisch und in ihrer Entwicklungsgeschichte eingebettet, um daraus dann den Bezug zur heutigen Verwendung herzustellen. Ausgehend davon wird dann diese Verwendung z.B. in politische Strömungen eingeordnet und kritisch hinterfragt.
Ist das immer gelungen? Mal mehr, mal weniger. Insgesamt werden 28 Begriffe behandelt und damit erscheinen ebensoviele Autor:innen. Bei dieser Vielzahl ist nicht jeder Aufsatz auf dem gleichen inhaltlichen oder sprachlichen Niveau. Aber insgesamt beinhaltet dieses Buch überwiegend lesenswerte Artikel.
Grundsätzlich sind alle Artikel aus (links)liberaler, demokratischer Perspektive verfasst. Antiliberale oder auch nur konservative Sichtweisen finden in diesem Buch nicht statt. Das kann man als angemessen empfinden, oder auch als einseitig. Das muss jede:r Leser:in für sich selber entscheiden.
Befremdlich fand ich zunächst den Untertitel des Buches: „Missbrauchte Wörter und andere politische Kampfbegriffe.“ Als ich dann im Inhalt noch Begriffe wie „Gender“ fand, hatte ich Sorge, dass hier gegen „Gender-Gaga“ oder ähnliches ins Feld gezogen wird. Das ist jedoch nicht der Fall.
Insgesamt ein angenehm zu lesendes Buch, dass durch die Kürze der einzelnen Artikel auch die Möglichkeit bietet, nur mal kurz reinzulesen. Hier mag jedoch für den einen oder die andere auch die Schwäche liegen. Denn so kann natürlich keine tiefer- oder weitergehende Analyse der Begriffe erfolgen. Lediglich einer kurzen Einordnung wird damit die Möglichkeit gegeben.
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